Auslöser der bundesweiten Bauernproteste waren die Ende 2023 durch das Kabinett der Ampelregierung überraschend verkündeten Steuererhöhungen einseitig zu Lasten der Landwirtinnen und Landwirte. Das hat für viele das Fass zum Überlaufen gebracht. Bereits am ersten Tag der bundesweiten Aktionswoche, dem 8. Januar 2024, haben sich rund 200.000 Berufskolleginnen und -kollegen, darunter mehrere zehntausend aus Niedersachsen, beteiligt und lautstark ihrem Unmut Luft gemacht. Am 15. Januar kamen dann mehr als 30.000 Menschen nach Berlin, um zu demonstrieren.
„Die Landwirte haben protestiert für weniger Bürokratie und ein besseres Einkommen. Ernährungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit kamen in den bisherigen Prioritäten der Kommission erheblich zu kurz und müssen zukünftig stärker gewichtet werden. Dieses Ergebnis ist nicht die aus Sicht der Landwirtschaft notwendige politische Kursänderung, für die so viele Berufskollegen Anfang des Jahres auf die Straße gegangen sind.“
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Mehr InformationenZusammen mit Akteuren des ländlichen Raums sowie Spediteuren und Handwerkern haben die Landwirte gezeigt, was sie von den Plänen zur Agrardiesel- und Kfz-Besteuerung halten, und sie konnten sich dabei auf den Rückhalt großer Teile der Bevölkerung verlassen. Die Steuererhöhungen hätten für viele Betriebe zu verzerrten Wettbewerbsbedingungen geführt, die in Deutschland aufgrund von EU-Richtlinien, nationalen Gegebenheiten wie der CO2-Steuer und dem Anstieg der Energiepreise ohnehin schon vorher deutlich schwieriger geworden waren.
Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bauernverband (DBV) zu Beginn des Jahres eine Aktionswoche ausgerufen, in der den Politikerinnen und Politkern die sprichwörtliche rote Karte gezeigt worden ist, und die europaweit eine Welle von Protesten ausgelöst hat. Zumindest in Brüssel sind die Anliegen der Landwirte gehört worden: Die vollständige Rücknahme der Sustainable Use Regulation (SUR), die Abschwächung des Nature Restoration Law (NRL) und die Aufhebung der Verpflichtung zur vier Prozent-Flächenstilllegung zählen zu den Erfolgen, die aufgrund des massiven Widerstands aus der Landwirtschaft errungen worden sind.
Vor dem Hintergrund des Erreichten ist ein im September von EUKommissionschefin Ursula von der Leyen vorgelegter, mehr als 100 Seiten umfassender Beitrag unter dem Titel „Strategischer Dialog“ kaum nachzuvollziehen, denn dieser ist nicht mehr als ein Arbeitsdokument, das eine Basis für weitere Diskussionen legt. Die neue EU-Kommission ist gefordert, die weiteren Gespräche direkt mit den Betroffenen, mit den Landwirtinnen und Landwirten, zu suchen. Die Landwirte haben protestiert für weniger Bürokratie und ein besseres Einkommen. Ernährungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit kamen in den bisherigen Prioritäten der Kommission erheblich zu kurz und müssen zukünftig stärker gewichtet werden. Dieses Ergebnis ist nicht die aus Sicht der Landwirtschaft notwendige politische Kursänderung, für die so viele Berufskollegen Anfang des Jahres auf die Straße gegangen sind.
Für Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland hat die Bundesregierung im Frühjahr vollmundig ein „Agrarpaket“ angekündigt, das tatsächlich nicht mehr als ein lose geschnürtes „Agrarpäckchen“ geworden ist. Bei näherem Hinsehen enthält es zu wenige Entlastungen und viel zu viele neue Belastungen im Bereich der Tierschutz- und Düngegesetzgebung sowie beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Mit einer Kampagne für zukunftsfeste Bedingungen in der Tierhaltung, die gerade im Agrarland Nr. 1 Niedersachsen eine bedeutende Wirtschaftskraft darstellt und Teil einer großen Wertschöpfungskette ist, haben die Landwirte auch im Herbst des Jahres 2024 noch einmal gezeigt, dass sie in der Lage sind, ihre Kräfte nicht nur im Protest, sondern auch in (Social Media)-Kampagnen zu bündeln.
Die Landwirtschaft braucht gute Einkommensperspektiven und Planungssicherheit. Ähnlich wie beim Niedersächsischen Weg muss in Bund und Land ein direkter Austausch mit Politik stattfinden und die Ergebnisse müssen verbindlich sein. Nur so entsteht das notwendige Vertrauen, damit in der Tierhaltung wieder investiert wird. Dafür ist die Unterstützung der gesamten niedersächsischen Landesregierung notwendig. Beim Niedersächsischen Weg ist ein Rahmen für einen partnerschaftlichen Naturschutz geschaffen worden, der jetzt noch mit weiteren und gezielt einzusetzenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden muss. Im Gegensatz zum abstrakten „Strategischen Dialog“ der EU verhandelt das Landvolk in Niedersachsen im Sinne seiner 74.000 Mitglieder unmittelbar mit der Landesregierung, damit der Agrar- und Ernährungssektor so stark wahrgenommen wird, wie es auch seiner wirtschaftlichen Bedeutung entspricht.
„Zusammen mit Akteuren des ländlichen Raums sowie Spediteuren und Handwerkern haben die Landwirte gezeigt, was sie von den Plänen zur Agrardiesel- und Kfz-Besteuerung halten, und sie konnten sich dabei auf den Rückhalt großer Teile der Bevölkerung verlassen.“
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Mehr InformationenSonja Markgraf
Pressesprecherin
Die Bauernproteste haben nicht nur zur Abwendung der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge und der unmittelbaren Streichung der Agrardiesel-Rückvergütung in Deutschland geführt, sondern auch die EU-Kommission dazu gebracht, eines ihrer zentralen Projekte innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu beerdigen: Die GLÖZ 8-Stilllegungspflicht ist ab 2025 Geschichte.
„Die „Grüne Architektur“ der GAP aus Konditionalität, Ökoregelungen und Agrarumweltmaßnahmen ist mit Zielen überfrachtet, unnötig kompliziert und liefert deutlich weniger als sie leisten könnte. Landwirtinnen und Landwirte, Verwaltung und Beratung blicken angesichts der Komplexität, die durch unser föderales System noch gesteigert wird, nicht mehr durch. Die beschlossenen Vereinfachungen können nur ein erster Schritt sein. Wir brauchen für die landwirtschaftlichen Betriebe umsetzbare Vorgaben und praktikable und einkommenswirksame Förderangebote.“
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Mehr InformationenLieß die EU-Kommission am 23. Januar 2024 im EU-Agrarrat noch verlauten, dass es keine Änderungen bezüglich der GLÖZ 8-Auflagen geben werde, legte sie nur eine Woche später eine 180 Grad-Kehrtwende hin: Sie legte eine Verordnung vor, nach der im Jahr 2024 die vier Prozent-Stilllegungspflicht auch mit Zwischenfrüchten zu erfüllen sei. Im Laufe der weiteren Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten wurde die Stilllegungspflicht ab 2025 gleich ganz aus dem GAP-Basisrecht gestrichen. Dies kann sicherlich als ein Erfolg der europaweiten Bauernproteste gewertet werden. Im Jahr der EU-Parlamentswahlen stand Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen allerdings auch besonders unter Druck, sah sie doch eine zweite Amtsperiode wegen der allgemeinen Unzufriedenheit mit der EU-Politik in Gefahr.
Seither haben die Themen Entbürokratisierung und Vereinfachung der Agrarpolitik nochmal einen gesteigerten Stellenwert im politischen Diskurs eingenommen. Sowohl auf EU-Ebene als auch im Bund laufen unentwegt Überlegungen und Initiativen, die GAP einfacher zu gestalten. Auf der einen Seite ist dies bitter nötig, weil Landwirtinnen und Landwirte, aber auch Beratende und die Verwaltung selbst angesichts der Komplexität der Regelungen an ihre Grenzen gelangen. Auf der anderen Seite führt dieser – wenn man ihn wirklich so nennen will – „Vereinfachungsprozess“ zu sich ständig ändernden Rahmenbedingungen, sodass wirkliche Planungssicherheit für landwirtschaftliche Betriebe eher nicht gegeben ist. Nicht einfacher wird der Prozess durch die „Neue Architektur“ der GAP – die EU gibt nur den Rahmen vor, die Mitgliedstaaten gestalten aus, die Kommission muss zustimmen – was mit unzähligen Abstimmungsprozessen, insbesondere in Deutschland als föderaler Staat, verbunden ist und daher sehr zäh daherkommt. Daher werden Details zur „Sozialen Konditionalität“, an deren Einführung ab 2025 trotz aller Bekenntnisse zur Vereinfachung der GAP festgehalten worden ist, und zu den Änderungen und Erleichterungen bei GLÖZ Standards und Ökoregelungen wohl erst Ende des Jahres feststehen. Der Landesverband begleitet in enger Zusammenarbeit mit den anderen Landesbauernverbänden und dem Deutschen Bauernverband (DBV) diesen Prozess und wirkt darauf hin, dass Änderungen an Gesetzen und Verordnungen auch tatsächlich zur spürbaren Erleichterung auf den Höfen führen. Daueraufgabe bleibt in jedem Falle die neuen Regelungen für die Beratenden in den Kreisverbänden, in den berufsständischen Partnerorganisationen und letztlich für die Landwirtinnen und Landwirte als Mitglieder und zentrale Akteure verständlich zu vermitteln und zu erklären.
Erfreulicherweise sind die Antragszahlen für Ökoregelungen in diesem Jahr deutlich angestiegen, auch wenn sie noch immer unterhalb dessen sind, was der Bund ursprünglich geplant und zu Beginn der Förderperiode in seinem GAP-Strategieplan an die EU-Kommission gemeldet hat. Besonders die freiwillige Stilllegung auf Ackerland wurde wegen der weggefallenen Einstiegshürde deutlich häufiger beantragt. Dennoch muss man unterm Strich festhalten, dass das Angebot insgesamt nicht attraktiv genug ist, um die Betriebe zu einer flächendeckenden Teilnahme zu bewegen. Dort sind Landvolk Niedersachsen und DBV aktiv, bei der Politik dafür zu werben, nachzubessern und insbesondere für intensive Milchvieh und Futterbaubetriebe passende Programme aufzulegen. Mit der Ankündigung des Bundes eine Ökoregelung für die Weidehaltung von Milchkühen anzubieten, ist zwar ein erster Schritt getan, allerdings fördert Niedersachsen die Sommerweidehaltung bereits über seinen Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).
Über das ELER-Programm ist mittlerweile die lang angekündigte Förderung einer Mehrgefahren-Versicherung an den Start gegangen. Damit bietet das Land erstmals eine Förderung für das einzelbetriebliche Risikomanagement in Form von Versicherungslösungen gegen Wetterrisiken an – leider ohne Hagelschäden bei der Förderung mit abzudecken. Wie wichtig zukünftig das Thema Risikomanagement im Ausblickauf den weiter fortschreitenden Klimawandel werden kann, hat auch das diesjährige Winterhochwasser gezeigt, welches glücklicherweise keine stehende Ernte auf dem Acker vernichtet hat. Gleichwohl hat das Hochwasser vielerorts Grasnarben im Dauergrünland nachhaltig zerstört und bei einigen Betrieben zu Totalausfällen beim ersten und zweiten Schnitt gesorgt. Zwar gewährt das Land Niedersachsen eine Hochwasserbeihilfe, ob die Gelder aber dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden, ist angesichts des Massenverfahrens allerdings fraglich. Ein Problem, das sich immer stellt, wenn es darum geht Schnelligkeit und Gerechtigkeit mit unbürokratischem Handeln zu verbinden – meist bleibt eines der drei Anliegen auf der Strecke. Deshalb ist es erklärtes Ziel der Politik, zukünftig womöglich auf solche ad-hoc Beihilfen zu verzichten.
Ob deshalb Gelder des Staates und EU-Mittel zukünftig noch stärker für die Unterstützung solcher Risikomanagementmaßnahmen fließen sollten, ist unter anderem ein Thema der nun anlaufenden Diskussionen um eine Weiterentwicklung der GAP nach 2027. Ein erster Aufschlag ist seitens der Kommission mit der Veröffentlichung des Reports des „Strategischen Dialogs zur Zukunft der EU-Landwirtschaft“ unter der Leitung von Professor Peter Strohschneider getan worden, der Anfang September 2024 veröffentlicht worden ist. Abzuwarten ist, wie und ob die neue zusammengesetzte Kommission diesen gesponnenen Faden aufgreifen wird und welches Budget dem Agrarsektor im Mehrjährigen Finanzrahmen zukommen wird. Der DBV hat gemeinsam mit den Landesbauernverbänden seine Ideen bereits Ende 2023 in einem „Diskussionspapier mit Zielen und Ansatzpunkten für eine GAP-Förderung nach 2027“ veröffentlicht, in dem konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der GAP unterbreitet werden. Wichtige Anliegen sind dabei die Themen Wettbewerbsfähigkeit und Risikoabsicherung, faire Honorierung von Umweltleistungen und die Entwicklung lebendiger ländlicher Räume.
Hendrik Gelsmann-Kaspers
Referent für Strukturpolitik
Der Tierschutzbereich hält die Landwirtschaft mit neuen Gesetzesentwürfen und Ausführungshinweisen nicht nur auf nationaler, sondern auch auf EU-Ebene auf Trab. Dabei haben alle Gesetzesvorhaben eines gemeinsam: die Praxistauglichkeit der Vorschläge lässt zu wünschen übrig!
Der Entwurf der EU-Tierschutztransportverordnung sieht beispielsweise eine Anwesenheitspflicht für Veterinäre beim Auf- und Abladen von Schlachtviehtransporten vor. Zudem sollen Transporte bei mehr als 30°Celsius in die Nacht verlegt werden. Für Temperaturvorhersagen ist eine amtliche Prognosestelle einzurichten und die Dokumentationspflichten für Schlachtviehtransporte werden ausgeweitet – von Bürokratieabbau keine Spur. Des Weiteren sind eine Anhebung des Mindesttransportalters für Kälber auf 35 Tage sowie Erhöhungen für den Platzbedarf auf dem Transportfahrzeug geplant. Vorgaben, die abermals mehr Aufwand und Kosten bedeuten und deren Beitrag zumTierschutz strittig ist. Deswegen hat sich das Landvolk Niedersachsen aktiv in den Konsolidierungsprozessauf EU-Ebene eingebracht und die Kritikpunkte am Verordnungsentwurf auch im EU-Wahlkampf thematisiert. Es bleibt abzuwarten, was die neue Kommission aus dem Entwurf macht.
Die Reduzierung nicht-kurativer Eingriffe hat sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bei der Überarbeitung des Tierschutzgesetzes (TierSchG), die noch bis Ende 2024 verabschiedet werden soll, auf die Fahnen geschrieben. So soll beispielsweise das Schwanzkupieren bei Schweinen stark eingeschränkt werden. Schwänze bei Ferkeln dürfen nur noch im Einzelfall und höchstens zu einem Drittel gekürzt werden. Zudem muss nach einer einjährigen Übergangsfrist eine Erklärung einer nachfolgenden Haltungseinrichtung (Ferkelaufzucht/Mast) entweder über das Vorhandensein einer Reduktionsstrategie oder über das Auftreten von Schwanz- und Ohrverletzungen bei mehr als fünf Prozent der Tiere vorliegen. Desweiteren sind umfassende Dokumentationsverpflichtungen vorgesehen (tägliche Erfassung der verletzten Tiere, ausführliche Risikoanalyse und -bewertung alle vier Monate, Ausarbeitung einer Reduktionsstrategie).
Auch hier gilt, dass zusätzliche Bürokratie nicht zum Erfolg führen wird. Das Landvolk Niedersachsen fordert die 1:1-Übernahme des bewährten nationalen Aktionsplans Kupierverzichts in das Tierschutzgesetz. Außerdem wird die Festlegung einer maximalen Kupierlänge abgelehnt. Der Kupierverzicht muss schrittweise und betriebsindividuell erfolgen können, ansonsten wird durch pauschale Vorgaben mehr Tierleid hervorgerufen!
Ein weiterer Knackpunkt der Novellierung des Tierschutzgesetzes betrifft die Rinderhaltung. So sollen Rinder jeden Alters mit einer Übergangsfrist von einem Jahr nur noch mit Lokalanästhesie (örtliche Betäubung der Hornanlagen), die durch einen Tierarzt erfolgen muss, enthornt werden dürfen. Eine Lokalanästhesie bei jedem Kalb durch den Tierarzt ist in der Praxis jedoch nicht umsetzbar. Neben den zusätzlichen Kosten, die insbesondere kleinere Betriebe unverhältnismäßig hoch treffen, wird vor allem der Tierärztemangel nicht berücksichtigt. Durch diesen fehlt in einigen Regionen das Fachpersonal, um das Enthornen zum angemessenen Zeitpunkt, beziehungsweise überhaupt durchzuführen. Daher benötigen Rinderhalter einen Sachkundenachweis, um die Lokalanästhesie der Kälber vor dem Enthornen selbst durchführen zu können. Das Beispiel der Schweiz zeigt, dass dieses Vorgehen gut funktioniert.
Mehr Tierschutz nur mit uns Landwirten – diese Botschaft hat das Landvolk Niedersachsen im Rahmen von zahlreichen Politiker-Gesprächen und Social-Media-Aktionen rund um die Novellierung des Tierschutzgesetzes vermittelt, denn Verbesserungen des Tierschutzes sind grundsätzlich im Sinne der Landwirtschaft. Die Vorgaben müssen jedoch praktikabel sein und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe erhalten. Daher setzt sich das Landvolk Niedersachsen für praxistaugliche und bürokratiearme Lösungen ein und spricht sich gegen nationale Alleingänge aus. Mit diesem Augenmerk begleitet das Landvolk Niedersachsen die Gesetzesvorhaben auf deutscher und europäischer Ebene kritisch.
Die Ausführungshinweise zur Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) schreiben vor, dass nicht abgesetzte Kälber über einen Nuckel getränkt werden müssen, um ihr Saugbedürfnis zu befriedigen. Dies stellt die Kälbermäster vor große Herausforderungen, da in der Mast die Kälber üblicherweise ohne Nuckel aus der Schale oder dem Trog getränkt werden und nur bei Bedarf in Einzelfällen ein Nuckel eingesetzt wird. Das Landvolk Niedersachsen hat gemeinsam mit dem Bundesverband der Kälbermäster e.V. (BDK) und der Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch e.V. (KDK) die für die Ausarbeitung der Ausführungshinweise zuständige Arbeitsgruppe bei Betriebsbesuchen und verschiedenen Gesprächsrunden auf die Problematik aufmerksam gemacht. Gemeinsam mit dem BDK und der KDK plädiert das Landvolk Niedersachsen für eine praxistaugliche Anpassung der Ausführungshinweise, um die heimische Kalbfleischerzeugung zu erhalten.
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Mehr InformationenNatascha Henze
Referentin für Vieh und Fleisch
Klimaschutz ist nicht nur eine globale Herausforderung, sondern auch eine Aufgabe, die von der Landwirtschaft in Niedersachsen aktiv mitgestaltet werden muss. Die Landwirtschaft ist einer der Hauptbetroffenen der Auswirkungen des Klimawandels, gleichzeitig ist die Landwirtschaft als Verursacherin von (teilweise vermeidbaren) Treibhausgasemissionen auch ein Teil der Lösung beim Klimaschutz.
Das Niedersächsische Klimagesetz sieht vor, dass die Treibhausgasemissionen des Landes um 75 Prozent bis 2030 und um 90 Prozent bis 2035 im Vergleich zum Bezugsjahr 1990 gesenkt werden sollen. Im Jahr 2040 will Niedersachsen rechnerisch klimaneutral sein. Deutschland strebt die Klimaneutralität bis 2045 an und die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Ein wesentlicher Teil der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen entsteht durch unvermeidbare, biogene Prozesse. Diese müssen rechnerisch durch die Speicherung von Kohlenstoff in Vegetation und Böden kompensiert werden. Jedoch ist aktuell mehr als fraglich, ob die Wälder die unvermeidbaren Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft im notwendigen Ausmaß kompensieren können. Die Wälder leiden selbst unter dem Klimawandel und die langfristige Kohlenstoffspeicherung in den Beständen hat stark abgenommen.
Jedoch könnten durch verschiedene technische Maßnahmen die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft um etwa ein Fünftel mit bereits heute verfügbaren Technologien reduziert werden. Um die vermeidbaren Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft im Betrieb zu identifizieren, sind betriebliche Klimabilanzierungen notwendig. Die Landwirtschaft kann jedoch nicht selbst die notwendigen technischen und baulichen Änderungen für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft finanzieren. Deshalb setzt sich das Landvolk Niedersachsen dafür ein, dass es zukünftig mehr gezielte Förderprogramme gibt, die das technischvorhandene Emissionsreduktionspotenzial der Landwirtschaft auf freiwilliger Basis adressieren.
Die Emissionen, die in der Tierhaltung und beim Anbau von Futtermitteln entstehen, sowie der Methanausstoß bei der Verdauung von Rindern sind auf einzelbetrieblicher Ebene nur teilweise bekannt. Ein Instrument zur Ermittlung des CO2-Fußabdruckes der Produkte ist die Erfassung betrieblicher Daten zu Treibhausgasemissionen und dessen Bilanzierung. Die Klimabilanzierung ermöglicht es, Emissionsquellen auf den Betrieben zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu ergreifen. Dies ist entscheidend, um die Tierhaltung langfristig klimafreundlicher zu gestalten. Ein Großteil der niedersächsischen Milchviehbetriebe ist bereits bilanziert, wodurch belegt werden konnte, dass Norddeutschland weltweit zu den klimaeffizientesten Standorten der Milchproduktion zählt. Auch die Schlachtbranche arbeitet derzeit an einem Weg, die einzelbetriebliche Treibhausgasbilanzierung flächendeckend zu etablieren. Dabei soll, wie auch in der niedersächsischen Milchwirtschaft, die Methodik auf der Arbeit der fachlichen Institutionen basieren. Dafür gibt es eine Steuerungsgruppe zwischen Landwirtschaftskammern, Landesanstalten, dem Thünen-Institut und dem Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL). Das Landvolk Niedersachsen beteiligt sich aktiv an der Ausarbeitung der Klimabilanzierung, sowie an der Gestaltung der Beratung der Betriebe hinzu einem klimafreundlicheren Wirtschaften. Denn die Klimabilanzierung ist bei vielen Abnehmern bereits Vertragsbestandteil und wird zunehmend zur Lieferbedingung für tierische Erzeugnisse.
Das Ziel des Landvolks ist es, Niedersachsen als Standort für die Lebensmittelproduktion zu sichern und gleichzeitig eine umweltfreundliche, klimaschonende Produktionsweise zu fördern. Unter den verschiedenen möglichen Maßnahmen zum Klimaschutz gibt es solche, welche zur effizienteren Produktion beitragen und solche, die nicht ohne zusätzliche betriebliche Kosten zu leisten sind. Daher fordert das Landvolk Niedersachsen zur Umsetzung der Maßnahmen eine Strategie, die zu keiner zusätzlichen wirtschaftlichen Benachteiligung der landwirtschaftlichen Betriebe führt. Das Landvolk Niedersachsen setzt sich daher intensiv dafür ein, Klimaschutzmaßnahmen auf den landwirtschaftlichen Flächen umzusetzen, ohne dabei die ökonomische Stabilität der Betriebe zu gefährden.
Natascha Henze
Referentin für Vieh und Fleisch
Dr. Nataly Jürges
Umweltreferentin
Nora Lahmann
Referentin für Milch