Der Zukunftsbauer wie auch der Wolf sind gekommen, um zu bleiben. Beides sind große Herausforderungen und damit zwei Fokusthemen für den Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit 2023. Die eine mit der Chance das Bild der Landwirtschaft zu wandeln, die andere mit einer großen emotionalen Belastung für die Weidetierhalter und den ländlichen Raum.
„Mit dem Projekt Zukunftsbauer planen wir aktuell in den Landes- und Kreisverbänden einen Imagewandel herbeizuführen. Der Landwirt als Zukunftsgestalter soll die neue Marschrichtung sein. Das geht nicht von heute auf morgen, es braucht dafür Zeit und Verbündete. Vor allem braucht es die Bereitschaft der Politik, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu setzen.“
Raus aus der Opferrolle, raus aus der eigenen Blase, der Landwirt als Brückenbauer, als Lösungsanbieter verbunden mit dem übergeordneten Ziel „mehr Wertschätzung und höhere Wertschöpfung für die deutschen Bauernfamilien“ – das sind die Ziele des Projekts Zukunftsbauer. Es handelt sich in der Summe um einen ganzheitlichen Veränderungsprozess. Das Narrativ (lateinisch: narrare = erzählen) soll dabei helfen, Werte und Emotionen nach außen zu transportieren, sowie als Orientierungshilfe zu dienen, um die Welt und den eigenen Platz in ihr zu verstehen.
Mit dieser Erkenntnis aus der rheingold salon-Studie nahm der Zukunftsbauer als neues Narrativ für die Landwirtschaft im Sinne eines Zukunftsgestalters, eines Erbauers und aufbauend auf den Ergebnissen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), die unter anderem den Umbau der Landwirtschaft als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet, 2020 seinen Anfang. Es folgten die öffentliche Präsentation des Projekts auf dem Deutschen Bauerntag 2022 in Lübeck und jüngst der Überblick bisheriger Zukunftsbauer-Meilensteine auf dem diesjährigen Bauerntag in Münster.
Dem vorausgegangen war eine intensive Auseinandersetzung in den verschiedenen Gremien des Deutschen Bauernverbands (DBV) und der Landesbauernverbände darüber, was der Zukunftsbauer ist, meint und darüber, wofür er steht, was, wer und wie er sein kann und sollte. Schnell war klar: Es handelt sich um einen mehrstufigen Prozess, der aufgrund seiner vielen unterschiedlichen Ebenen sehr komplex ist und nicht heute oder morgen beendet sein wird. Ein Prozess, der die Chance birgt, das Bild der Landwirtschaft in der Gesellschaft positiv zu verändern und gleichzeitig die Bedürfnisse der Landwirtinnen und Landwirte berücksichtigt.
Dazu beitragen können auch Themen wie Tierwohl, Erhalt der biologischen Artenvielfalt, regionaler Handel, Klimawandel und erneuerbare Energien, die seitens der rheingold salon-Studie Studie als ‚Gewinnerthemen‘ identifiziert wurden, weil sie zum einen den gesellschaftlichen Diskurs prägen, zum anderen, weil sich der Berufsstand dort seit vielen Jahren proaktiv engagiert und oftmals durch Freiwilligkeit glänzt.
Aus der im DBV gegründeten ‚AG Zukunftsbauer‘ wurden zum Frühjahr 2022 die drei wichtigen Säulen Selbstbild, Rollenverständnis und Kommunikation definiert, die individuelle Denkprozesse anstoßen, dabei die betriebliche Ebene miteinschließen, um das neue Narrativ und den Prozess erfolgreich umsetzen zu können. Es geht dabei nicht nur darum, wie sich Landwirtinnen und Landwirte selbst sehen oder welche Rolle sie innerhalb der Gesellschaft einnehmen. Es geht auch um die Wege, wie das, was sie und wie sie es tun, nach innen wie außen besser kommuniziert werden kann.
Mit dem Jahreswechsel 2022/2023 hat sich die bisherige, vornehmlich vom Ehrenamt getragene ‚AG Zukunftsbauer‘ neu aufgestellt. Claus Hartmann, Vorsitzender des Kreislandvolks Northeim-Osterode, vertritt dort von Beginn an das Landvolk Niedersachsen von ehrenamtlicher Seite. Die Neuausrichtung der Gruppe läutete gleichzeitig einen wichtigen Meilenstein im Umsetzungsprozess ein. Mit der Einbindung des verantwortlichen Hauptamts der Landesbauernverbände in die Arbeit der AG tritt der Prozess in eine weitere entscheidende Phase ein, den Zukunftsbauer auf die Ebene der Bauernverbände vor Ort und zu den Mitgliedern zu tragen.
Gemeinsam wurde in den vergangenen Monaten nicht nur an der Weiterentwicklung des Prozesses gearbeitet – wir sprechen nun vom ‚Projekt #Zukunftsbauer‘ – es wurde vielmehr eine umfangreiche Zukunftsbauer-Sammlung mit Unterstützung der Landesverbände erstellt, die sämtliche Informationen zum Thema beinhaltet und unter www.bauernverband.de zu finden ist. In der Rubrik ‚Projekte‘ beispielsweise ist Niedersachsen mit den beiden Leuchtturmprojekten ‚Kooperativ‘ und ‚FINKA‘ vertreten. Die Themenseite zum Zukunftsbauer bietet somit das notwendige Handwerkszeug, um den Prozess in die Kreis- und Ortsverbände zu bringen, zu diskutieren und gemeinsam zu überlegen, was der Zukunftsbauer konkret vor Ort bedeuten kann. Denn: Veränderung beginnt in den Köpfen. Mit Blick auf die diesjährigen Winterversammlungen und anstehenden Mitgliederversammlungen eine gute Gelegenheit dort den Zukunftsbauer-Prozess anzugehen.
Zusätzlich zu den bestehenden Hilfestellungen unterstützt der Landesverband die anstehenden Diskussionen und Veranstaltungen vor Ort in den Verbänden mit einem eigens dafür produzierten Imagefilm. Er führt in das Thema ein, erklärt und schafft die Basis für den weiteren Diskurs vor Ort. Dem vorgeschaltet ist ein landesweiter digitaler Aktionszeitraum, in dem kurze Video-Statements von Landwirtinnen und Landwirten aus den Verbänden unter dem Motto „Ich bin Zukunftsbauer, weil…“ über die Social Media-Kanäle gespielt werden. Wie seinerzeit beim Niedersächsischen Weg, verstärkt eine eigene Themen-Webseite (www.zukunftsbauer-niedersachsen.de), auf der die Statements der niedersächsischen Landwirtinnen und Landwirten zu finden sind, diese Phase des Prozesses.
Der Zukunftsbauer ist gekommen, um zu bleiben. Als Prozess unterliegt er permanenter Veränderung, Anpassung und wahrscheinlich auch Neuausrichtung. Wir stehen eher am Anfang eines langen, aber notwendigen Weges. Er verlangt von allen viel Engagement und den Willen zur Veränderung. Nicht nur vom Berufsstand. Nur mit Verbündeten und Partnern wird es gelingen, dass der Zukunftsbauer zum Gamechanger für das Image der Landwirtschaft werden kann.
Blickt man auf die vergangenen Jahre zurück, dann ist der Wolf zweifelsfrei eines der Themen, die den Verband am dauerhaftesten beschäftigen. 2023 kann als wegweisend angesehen werden, da sich das Konfliktpotenzial zwischen dem Großräuber und der landwirtschaftlichen Weidewirtschaft in Niedersachsen dramatisch zuspitzt. Die ungebremste Ausbreitung des Wolfes und der damit verbundene starke Anstieg an Übergriffen auf Weidetiere führt vor allem in den Küstenregionen aber auch in ganz Niedersachsen dazu, dass die Akzeptanz des Wolfes bei Weidetierhaltern wie Bevölkerung im ländlichen Raum stark sinkt.
Damit befasst sich das Landvolk Niedersachsen gemeinsam mit aktuell 24 anderen Verbänden, Organisationen und Initiativen aus Weidetierhaltung und ländlichem Raum im Aktionsbündnis aktives Wolfsmanagement (www.aktives-wolfsmanagement.de). Seit Ende 2016 macht das Aktionsbündnis mit Aktionen und Forderungen kontinuierlich Druck in Richtung Politik. Seit dem Frühjahr 2023 auch im vom Niedersächsischen Landwirtschafts- und Umweltministerium gemeinsam ins Leben gerufenen ‚Dialogforum Weidetierhaltung und Wolf‘.
In den verschiedenen Arbeitsgruppen sind die Mitglieder des Aktionsbündnisses konstruktiv aktiv. Mit dem Beitritt zweier wichtiger Akteure, der Landesjägerschaft Niedersachsen im April und dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) im Juni, wird das Aktionsbündnis maßgeblich gestärkt. Und auch für die Landespolitik ist das Aktionsbündnis ein verlässlicher, wenn auch oftmals stichelnder Ansprechpartner. Das liegt auch und vor allem an der kontinuierlichen Pressearbeit des Landesverbands und dem hartnäckigen Nachbohren bei politisch Verantwortlichen.
Die Umweltministerkonferenz beispielsweise ist ein solcher Ort des intensiven Nachbohrens. Mit der Aufnahme des Wolfs ins Niedersächsische Jagdrecht im Frühsommer 2022 ist es auch durch die stetige Arbeit des Aktionsbündnisses gelungen, einen politischen Meilenstein zu erreichen auf dem Weg zu einem aktivem Bestandsmanagement, das den Besonderheiten der Regionen Niedersachsens Rechnung trägt. Essenziell wichtig dafür und oberste Prämisse für die Arbeit im Bündnis sind neben Verlässlichkeit und Kontinuität vor allem die Bereitschaft, konstruktiv an diesem Prozess mitzuwirken, um auch zukünftig als vertrauensvoller Gesprächspartner wahrgenommen zu werden.
Sebastian Kuhlmann
Referent für Verbandskommunikation
Für den gesamten Landesverband stand das Thema „vernetzen“ im zurückliegenden Jahr weit oben auf der Agenda. Auch in der Medienarbeit hat das Landvolk neue Akzente gesetzt, um die bereits bestehenden Kontakte zu Journalistinnen und Journalisten zu vertiefen oder neue zu knüpfen. Ein herausragender Termin war dabei ein Presse-Hintergrundabend in Hannover. Auch im Bereich Social Media und in der Kommunikation mit Menschen aus vermeintlich „landwirtschaftsfernen“ Gruppen sind neue Wege beschritten worden.
„Für uns als Hof hat diese Aktion einen hohen Aufwand bedeutet, der uns letzten Endes Geld gekostet hat. Aber als Bauernverband müssen wir pro aktiv die Richtung „Bauer trifft Verbraucher“ vorantreiben und bereit sein, uns von unserer Position zu bewegen und uns dieser Klientel zu öffnen.“
„Gegenseitiges Verständnis zu wecken für die Arbeitssituation und die Bedürfnisse des anderen – dies ist gelungen und wirkt sich ganz praktisch im besten Sinne auf das Vermitteln der vielschichtigen Themen aus.“
So haben sich Jochen und Jan Ole Oestmann aus Rethem an der Aller als konventionell arbeitender Betrieb auf das Abenteuer „Hof mit Zukunft“, eingelassen und drei Aktivistinnen auf ihren Hof eingeladen. Bei dem Format vom Bündnis „Wir haben es satt“, trifft Aktivismus auf Landwirtschaft. Drei Tage lang haben Carla, Klara und Friederike mit angepackt und die Arbeit rund um die 5.000 Tiere zählende Schweinemast, um Biogas und Photovoltaik sowie 520 Hektar Ackerbau kennengelernt. Der rege Austausch zwischen Aktivistinnen und Bauernfamilie zu Größe, Wirtschaftlichkeit, Umwelt- und Agrarpolitik stand im Vordergrund. „Für uns als Hof bedeutete diese Aktion einen hohen Aufwand, der uns letzten Endes Geld gekostet hat. Aber als Bauernverband müssen wir pro aktiv die Richtung „Bauer trifft Verbraucher“ vorantreiben und bereit sein, uns von unserer Position zu bewegen und uns dieser Klientel zu öffnen“, zog Jochen Oestmann dazu sein Fazit.
Die Einladung von Milchviehhalter Frank Ahrens auf seinen Hof im Landkreis Northeim hat Schauspieler Sky du Mont angenommen, damit auf seine Falschaussage zur Milchviehhaltung in der Sendung „3nach9“ reagiert und sich bei der Bauernfamilie entschuldigt. „Es ist ihnen bei Gott gelungen, mich vom Gegenteil zu überzeugen“, erklärte du Mont anschließend. Mit dem „alle“ und seinen inhaltlich falschen Sätzen habe er eine ganze Branche in ein falsches Licht gerückt. „Das tut mir sehr leid! Sie haben mir die Situation und vieles erklärt. Das hier sind wunderschöne Bilder, die ich gesehen habe und die beweisen, wie es wirklich zugeht“, dankte Sky du Mont für zweieinhalb Stunden Nachhilfeunterricht in moderner Landwirtschaft und Tierhaltung. Auch Ahrens war mit dem vor Ort-Besuch zufrieden. Ihm war es wichtig, den Betrieb in seiner Gesamtheit zu zeigen – anstatt nur aus der Ferne oder über die sozialen Medien darauf zu reagieren.
Während des Presse-Hintergrundabends im Juni in Hannovers Innenstadt brachte das Präsidium den Journalisten einige Themen näher, die im hektischen Arbeitsalltag oftmals nicht ausreichend erläutert werden können, darunter die Düngeverordnung, Klimaschutzfragen insbesondere im Bereich der Milchviehhaltung und der Umbau der Tierhaltung mit Blick speziell auf Niedersachsen.
Das Präsidium des Landesbauernverbandes hat zudem unabhängig von diesem Termin mehrfach das Instrument von Hintergrundgesprächen genutzt, um die gesellschaftlich teils kontrovers diskutierten Themen mit den Medienvertretern zu vertiefen. Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies war im Frühjahr zusammen mit Dr. Heike Müller, Vizepräsidentin des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, persönlich beim NDR-Intendanten Joachim Knuth in Hamburg, um auf Augenhöhe den Weg freizumachen für eine gute Kommunikation zwischen den Multiplikatoren des Norddeutschen Rundfunks und dem Berufsstand der Landwirtschaft. Gegenseitiges Verständnis wecken für die Arbeitssituation und die Bedürfnisse des anderen – dies ist gelungen und wirkt sich ganz praktisch im besten Sinne auf das Vermitteln der vielschichtigen Themen aus.
Unverändert hoch ist im Jahr 2023 die Zahl der Anfragen seitens der Medien geblieben. Das Interesse an den land- und forstwirtschaftlichen Themen hält an. Besonders prägnant neben der Vielzahl der Berichte und Artikel in den verschiedenen Medien war für Hennies im zurückliegenden Jahr ein aufwändig produzierter Film im Auftrag des Senders ARTE, der im August zu sehen war. Titel: „Die Bauern und die Treibhausgase“. Hier konnte der Präsident des Landvolks Niedersachsen klarmachen, warum die Landwirte eben nicht einer der Hauptverursacher für klimaschädliche Emissionen ist und warum der Moorschutz nur gemeinsam mit den betroffenen Familien in den jeweiligen Siedlungsräumen zu gestalten ist.
Sonja Markgraf
Pressesprecherin
Silke Breustedt-Muschalla
Pressereferentin
Fast 30 Jahre nach der Einführung von Lotus Notes im Landvolk Niedersachsen, in den anderen Landesbauernverbänden und dem Deutschen Bauernverband ist aus dem Begriff EDV die „IT“ geworden und die zweite Phase der Digitalisierung in vollem Gange. Anwendungen werden nicht mehr installiert, sondern als Apps auf Smartphones geladen oder im Webbrowser ausgeführt. Nicht das allgegenwärtige Internet ist Mangelware, sondern geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
„Um die anstehenden Anforderungen bewältigen zu können, werden sich die IT-Verantwortlichen in den Kreisverbänden und im Landesverband stärker vernetzen. Nur so können alle Anforderungen betrachtet, alle Interessen angemessen berücksichtiget und gewachsene IT-Strukturen in Hard- und Software zukunftssicher aufgestellt werden.“
Was bedeuten diese und weitere Herausforderungen für das Landvolk Niedersachsen und welche Weichen werden derzeit im Verband gestellt, um sich für eine Zukunft vorzubereiten, die eher morgen als übermorgen zur Gegenwart wird?
Die IT ist heute aus dem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken und hat starke Schnittstellen in alle Fachbereiche: Die Anmeldung zu Fachveranstaltungen erfolgt digital, Veranstaltungen finden kaum noch rein analog statt – hybride Formate sind auf der Tagesordnung. Der fachliche Austausch erfordert moderne Plattformen, die den Anforderungen an mobiles Arbeiten genügen.
Der von Arbeitgebern umkämpfte Arbeitsmarkt erschwert es, geeignete Mitarbeiter für jede Stelle zu finden. Durch digitale Vernetzungsmöglichkeiten können die Landvolk-Kreisverbände und der Landesverband diesem Problem zumindest teilweise begegnen, wenn auf diese Weise das im Verband vorhandene Know-how besser genutzt werden kann. Auch das Arbeiten selbst hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Spätestens seit der Corona-Pandemie wird im Büro, im Homeoffice und irgendwo dazwischen gearbeitet.
Auch die Verbandsorganisation steht auf der einen Seite vor der Herausforderung knappen Personals und muss auf der anderen Seite neue Erwartungen der Landwirtinnen und Landwirte erfüllen. Auch dort steht die IT ihnen zur Seite. Software wird in Zukunft durch lernfähige Algorithmen die Mitarbeiter noch besser unterstützen, etwa in den Bereichen der Buchhaltung. Zum anderen erlauben moderne Software-Architekturen durch dokumentierte und standardisierte Schnittstellen heute eine viel bessere Verbindung von Daten und Funktionen über die Grenzen einer Anwendung hinaus.
So werden die Mitglieder der Kreisverbände wahrscheinlich bald bestimmte Aufgaben direkt über einen digitalen Mitglieder-Account vornehmen können. Das könnte die Mitglieder für einfache Tätigkeiten von der Bindung an Öffnungszeiten und Termine befreien und würde den Mitarbeitern in den Kreisverbänden Zeit geben, sich anspruchsvollen Tätigkeiten zuzuwenden, bei denen die Mitglieder tatsächlich weiterreichende Unterstützung benötigen.
Neben diesen gestiegenen Anforderungen sind die Kosten für IT-Investitionen in den vergangenen Jahren zunächst bedingt durch die Schwierigkeiten in den Lieferketten während der Corona-Pandemie und zuletzt durch die weltwirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine stark gestiegen. Umso wichtiger werden daher Auswahlprozesse für die Investitionen selbst, als auch für die Partner, mit denen Sie umgesetzt werden.
Der Fokus der IT-Strategie in den vergangenen Jahren im Landesverband lag auf der Modernisierung von Geschäftsprozessen und der Forcierung von Automatisierungen. So wurde das Qualitätsmanagement durch ein „QM-Handbuch“ begleitet, dass als Nachschlagewerk für die Mitarbeiter fungiert. Der Wechsel von IBM Domino/Notes in den Landesbauernverbänden und Kreisverbänden in Niedersachsen in den meisten Fällen zu Microsoft Exchange/Outlook ließ eine Lücke bei der Weitergabe von Informationen vom Deutschen Bauernverband über die Landesverbände bis zu den Kreisverbänden entstehen, die durch die Einführung von IBM Connections (heute HCL Connections) geschlossen wurde. Einer Plattform, in der sich schneller und umfassender nach Informationen suchen lässt und die anders als die früher verwendeten Notes-Datenbanken die Kollaboration und die Vernetzung in den Vordergrund rückt.
Weil es sich bei Connections um eine moderne Browser-basierte Anwendung handelt, die keine Installation oder zusätzliche Konfiguration erfordert, können neue Mitarbeiter wesentlich einfacher eingebunden und insbesondere das Ehrenamt unmittelbar in den Informationsfluss und die Mitarbeit integriert werden. Durch ein intensives Schulungsangebot und dank der Bereitschaft der Mitarbeiter in den Kreisverbänden, sich auf diese neue Art der Software einzulassen, ist das Landvolk Niedersachsen führend in der Nutzung von HCL Connections.
Ein sehr gutes Beispiel für die Vereinfachung von Geschäftsprozessen ist die Einführung der Landvolk App. Primäres Ziel der App war es, Landwirte durch den Landesverband und durch die Kreisverbände schneller über wichtige Themen zu informieren. Mitglieder können sich in der Landvolk App mit Ihrer Mitgliedsnummer anmelden und erhalten so Zugriff auf exklusive Info-Meldungen. Die Referenten im Landesverband wiederum können wichtige Informationen gleichzeitig in der Landvolk App und auf der Verbandswebsite sofort verfügbar machen.
Diese Beispiele zeigen, dass die IT nicht nur eine Kostenstelle ist, sondern das Potenzial hat, Arbeitsweisen nachhaltig zu verändern.
Derzeit besteht die IT-Strategie des Landvolks Niedersachsens aus mehreren parallelen Strängen. Zum einen versuchen wir, IT-Know-how zu bündeln, indem wir aktuelle Herausforderungen, wie der die Ablösung in die Jahre gekommener Telefonanlagen oder die Investition in neue Server, mit einer Vielzahl von Dienstleistern besprechen und unterschiedliche Lösungen vergleichen. Wir versuchen technisch gute Lösungen mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis am Markt frühzeitig zu erkennen und Modell-Lösungen zu erarbeiten. Diese können dann für den einzelnen Kreisverband angepasst und schnell von Dienstleistern umgesetzt werden.
Insbesondere die Wahl eines passenden Dienstleisters stellt ein wichtiges Kriterium dar, denn die Anforderungen eines Kreis- oder des Landesverbandes dürfen die Möglichkeiten des Dienstleisters nicht übersteigen, andererseits darf ein Dienstleister auch nicht mit überdimensionierten Lösungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kreisverbänden überfordern.
Wir versuchen beim Einkauf von Endgeräten zu beraten, angefangen bei Notebooks über die Arbeitsplatzausstattung mit Monitoren und Headsets bis hin zu Konferenzraum-Lösungen. Über die Beratung hinaus sollen durch die Bündelung von Einkäufen aber auch Mengenrabatte erzielt werden. So wurden bereits erste Gespräche mit Vertriebspartnern für Microsoft Office geführt. Bei einer Bündelung des Lizenzerwerbs über alle Kreisverbände sind dort große Synergien zu erwarten.
Außerdem arbeiten wir daran, Friktionen bei Schnittstellen zwischen den Kreisverbänden und dem Landesverband und den Kreisverbänden untereinander abzubauen. Dazu wurde ein Projekt ins Leben gerufen, um die Einführung einer zentralen Mitgliederverwaltung zu prüfen. Hier gilt es unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden: So muss der Datenschutz sichergestellt sein, das heißt, dass allein die Kreisverbände Zugriff auf die Daten Ihrer Mitglieder haben dürfen, gleichzeitig sollen aber die Kreisverbände die Daten, die für die Erfüllung zentraler Aufgaben durch den Landesverband erforderlich sind, diese Daten einfacher bereitstellen können.
Auch die sich verstärkende Kooperation und der fachliche Austausch der Kreisverbände untereinander würden von einer gemeinsamen Mitgliederverwaltung stark profitieren. Die Einführung einer modernen Software zur Mitgliederverwaltung würde vor allem aber die Mitglieder in die Lage versetzen, in engeren Kontakt zu ihren Kreisverbänden zu treten, etwa über den digitalen Zugriff auf eigene Daten und die digitale Einbindung in laufende Beratungsprozesse. Insbesondere junge Landwirtinnen und Landwirte werden diese Erwartung als so genannte „digital natives“ zunehmend an den Verband herantragen. Für Landesverband und Kreisverbände geht es also darum, sich rechtzeitig vorzubereiten und passende Strukturen zu schaffen.
Die Einführung einer gemeinsamen Mitgliederverwaltung erscheint auch aus Investitionsperspektive sinnvoll, denn es handelt es sich um ein Software-Projekt, keinen Erwerb einer unflexiblen Standard-Software, das mit zunehmender Zahl von Projektpartnern für jeden einzelnen erheblich günstiger ist, als es bei einer individuellen Realisierung denkbar wäre.
Um diese anstehenden Anforderungen bewältigen zu können, werden sich die IT-Verantwortlichen in den Kreisverbänden und im Landesverband stärker vernetzen. Nur so können alle Anforderungen betrachtet, alle Interessen angemessen berücksichtiget und gewachsene IT-Strukturen in Hard- und Software zukunftssicher aufgestellt werden.
Christian Podlewski
IT